Sonntag, 3. April 2016

Religionsunterricht in Norwegen

Kürzlich an der Uni besuchte ich eine sehr spannende Vorlesung über Religion in Norwegen und wie dies in der Schule gehandhabt wird. Darüber möchte ich kurz einen Blogeintrag verfassen, denn auch in der Schweiz wird dieses Thema häufig diskutiert.

Norwegen ist ein ursprünglich christliches Land, wie die meisten europäischen Länder. Aufgrund der zunehmenden Migration hat sich dies aber immer mehr geändert und es besteht heutzutage eine Vielfalt von Religionen und Konfessionen. Diese Entwicklung hat das norwegische Schulsystem auch beeinflusst, deswegen zuerst einige geschichtliche Punkte:
Im 19. Jahrhundert war das Lernen über das Christentum sowie Bibelstudium das wichtigste Fach im norwegischen Schulsystem. Der Klerus hatte einen hohen Einfluss auf die Schule. Nach und nach verloren die Geistlichen an Macht und konnten immer weniger mitbestimmen. Die Säkularisation nahm auch im 20. Jahrhundert zu. Christlicher Religionsunterricht wurde zu einem normalen Schulfach und dominierte den Unterricht nicht mehr gesamthaft. 
Ende des 20. Jahrhunderts wurde ein neues Schulfach ''Christentum mit Information über andere Religionen und Weltansichten'' eingeführt. Dieses Fach war obligatorisch für alle. Natürlich hörte die Debatte über den Religionsunterricht damit nicht auf. Es gab Befürworter des neuen Faches, sowie Gegner, zum Beispiel Eltern, die ihre Kinder nicht auf diese Weise ausbilden wollten oder Angehörige anderer Religionen. 

Trotz all den Gegenargumenten hielt die norwegische Regierung daran fest, dass die Christlichen Werte sowie die Religion in der Schule unterrichtet werden sollen. Die Kinder sollten aber auch über die anderen Weltreligionen Bescheid wissen. So wurde im Jahr 2012 der Name und teilweise auch der Lerninhalt wieder abgeändert. Das Fach heisst neu ''Christentum, Religion, Ethik und Weltansichten'' und wird heute noch so in den norwegischen Schulen unterrichtet.

Dieses Fach ist noch immer etwas kontrovers. Zu welchem Anteil wird Christentum unterrichtet? Zu wie viel Prozent werden die anderen Religionen miteinbezogen? Hier gilt der Leitsatz für die Lehrpersonen, dass mindestens ein Drittel des Faches das Christentum beinhalten soll, denn immer noch 80 Prozent der norwegischen Bevölkerung sind Christen. Die Regierung hofft, dass die Migranten durch dieses Fach die norwegische Kultur besser verstehen können und die Integration in Zukunft somit besser klappt. Die Lehrperson muss aber auch beachten, dass seit dem Beginn des Religionsunterrichts alle fünf Weltreligionen miteinbezogen werden. So dass die Kinder von Anfang an lernen, dass es nicht nur eine Religion gibt.
Ein weiterer Punkt, der oft zu Diskussionen führt ist, dass einige Eltern, welche nicht Christen sind, ihre Kinder von diesem Schulfach dispensieren wollen. Hier gilt der Grundsatz, dass die Schülerinnen und Schüler nicht von Wissen dispensiert werden können, aber von Aktivitäten wie beispielsweise Beten. 

Als Lehrperson muss da natürlich viel beachtet werden. Singen von religiösen Liedern kann sehr emotional sein. Deswegen bevorzugen die norwegischen Lehrpersonen das Hören von verschiedener religiöser Musik. Auch bei Bildern muss aufgepasst werden. Für Kinder sind Bilder motivierend, aber im Islam beispielsweise dürfen Propheten nicht abgebildet werden. Wie gehe ich als Lehrperson damit um?
Ein weiteres Problem kann auch aufgrund der heiligen Schriften auftauchen. Zum Beispiel werden Jesus Christus in der Bibel und Jesus Christus im Koran auf unterschiedliche Weise beschrieben. Dies ist für die Lehrperson sicherlich eine Herausforderung und muss genau überlegt werden.

Der Unterricht des Faches startet ab der ersten Klasse. In diesem Alter können die Kinder leicht verwirrt werden durch die Erzählungen und das Lernen über andere Religionen. Das neu eingeführte Lehrmittel soll dem entgegen helfen. Es hat fünf Kinder als Hauptakteure. Jedes ist einer anderen Religion angehörig. Innerhalb des Buches erzählt jedes Kind immer wieder eine Geschichte, wie es seine Religion feiert. Ein jüdischer Knabe erzählt zum Beispiel vom Passahfest und ein muslimisches Mädchen, wie es den Ramadan erlebt. Die Autoren des Lehrmittels haben sehr darauf geachtet, dass die Geschichten und Bilder im Buch authentisch sind und die Kinder sich mit ihnen identifizieren können und dadurch weniger verwirrt sind.


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